Die unruhige Nacht sorgte dafür, dass ich müde aufstand, ein kleines Frühstück zu mir nahm, die Esel neu an den Bäumen befestigte und mich wieder hinlegte. Der Himmel war übersät von hübschen Wolkenformationen, die viel Platz für meine Phantasien schufen. Irgendwann am späten Vormittag rollte ich mich aus meinen Zelt und machte ganz langsam alles klar, um weiter ziehen zu können. Doch so wie ich alles eingepackt hatte, überraschte uns ein netter Regenschauer und ließ mich in wartender Position ausharren. Zuvor hatte ich natürlich alles abgedeckt, sowie die Eselchen. Es dauert nicht zu lange an und dann konnten wir durchstarten. Auf dem Weg durch Felder und Felder fand ich eine schöne Bussardfeder, über die ich mich sehr freute. Sie nahm ich gerne mit, hatte aber schon eine neue Feder an meiner Fahne befestigt, nämlich eine der gepunkteten.
Der Weg durch die landschaftlichen Strecken Brandenburgs hielt sich nicht lange, denn ich musste jetzt weiter in den Westen und dann kam erst einmal nur Straße. Recht stark befahrene Landstraße. Um mich herum Felder und Felder, doch nirgends waren Wanderwege oder ähnliches. An einem kleinen See hielt ich kurz an, um die Tiere ausreichend zu tränken. Dann weiter an der Landstraße, was mich eher stresste, so bog ich dann einfach in ein Waldstück ein, was ein angenehmeres Wandern bedeutet. Doch auch hier kam ich später wieder bei der Landstraße heraus. Nochmals gingen wir an der Straße entlang und die Autos brausten an uns vorbei und immer wieder wünschte ich, dass wir heil durch kämen, da die Autofahrer nicht langsam an uns vorbei fuhren, sondern sehr schnell. Wenn man bedenkt, dass wir laufen und sie in einem Audi oder ähnlichen sitzen, bei welchen man bei 60 km/h noch denkt, dass man durch die Gegend schleicht, ist der Unterschied recht groß.
Nun ja, wir kamen heil in Großrössen an und ich musste feststellen, dass dies eher ein verschlossenes Dorf ist. Die Leute zogen sich zurück, als sie uns sahen und ich nach Wasser fragen wollte und nach dem weiteren Weg. Doch einer war so nett und gab uns Wasser, über den Zaun. Ich wollte mit den Eseln pausieren, weil wir einfach eine Pause brauchten und so rastete ich in dem Ort an einem Graben, wo Gras wuchs. Hier begann die Landschaft der Wassergräben, die Wohnorte für viele kleine Insekten und Frösche bot. Die Leute beguckten uns neugierig und sehr scheu, so aus verstohlenen Ecken und ich sah die Gardinen sich bewegen und jedesmal wenn ich hinsah, schien niemand dahinter zu stehen. Ein Jugendlicher brauste mit lauter Tekknomusik mehrmals an uns vorbei und ich merkte, dass ich in einem anderen Landkreis angekommen bin. Hier sind die Leute anders, sowie die Landschaft, die flach war, aber durch das Wasser recht grün. Während der Pause tröpfelte es hin und wieder mal. Dann ging es weiter ins nächste Dorf, denn ich musste jetzt wiedermal über einen Fluss, die schwarze Elster. Brücken stehen zumeist nur in Menschennähe, also Dorf – oder Stadtnähe. So liefen wir jetzt durch Kleinrössen, was noch verschlossener war, was dessen Hofarchitektur schon vermuten ließ. Es waren Bauernhöfe mit großen verschlossenen Toren, über die ich nicht hinweg schauen konnte. Alle Höfe waren zu, außer einer, dort wurde soeben Hochzeit gefeiert. Ein guter Zeitpunkt um zu heiraten, es war nämlich Vollmond.
Ich freute mich auf ihn und wusste, dass nach dem Dorf grünes Land kommen würde, wo ich schon einen Platz für uns finde. Doch ich hatte unsere eben aufgefüllten Wasservorräte in der Pause sehr verbraucht, dass ich nochmal hier nachfragen wollte, um sie wieder aufzufüllen. Ich kam aber eben an keinem offenem Hof vorbei, doch wirkte die Nr.13 etwas alternativer, obgleich er auch verschlossen war. Wir zogen daran vorüber und da kam mir eine junge Frau entgegen, die mich ansprach. Sie fragte ich sogleich nach Wasser, nach dem ich ihr kurz einige Fragen beantwortet hatte. Sie nahm mich mit, in die Nr. 13. Aha, wieder dieses Zahl ...
Bei ihr war ein großes Fest, viele alte Schulfreunde kamen mit ihren Familien, um dort zusammen zu kommen und zu feiern. Sie gab mir frisches Wasser und zwei Stücken Kuchen. Ja, Kuchen esse ich so gerne und so selten seid ich unterwegs bin, deshalb verharrte ich noch eine Weile und als ich weiter gehen wollte kamen gerade alle vom Fußball spielen zurück. Kinder, Mütter, Väter liefen freudig zur Nr.13 und als sie uns sahen umringten uns die Kinder und auch einige der Erwachsen, um mir viele Fragen zu stellen. Julianne lud uns kurzerhand ein bei ihnen die Nacht zu verbringen und ein wenig mitzufeiern. Die Kinder jubelten und ich konnte kaum "Nein" sagen, obgleich ich zu Vollmond lieber allein gewesen wäre. So ging ich wider mit rein, suchte uns ein Fleckchen für unser Lager. Es standen schon einige Zelte und Wagen auf dem Gelände, doch ich fand ein Plätzchen für uns alle. Die Kinder ließen uns nicht allein und ich brauchte so ewig mit aufbauen des Lagers. Sie bürsteten die Esel und einige besorgten sogar Heu von einem benachbarten Bauern. Ja, herrlich, wie sich die Kinder kümmerten. Sie hatten lange zum Heu holen gebraucht, wo sich schon die Eltern Sorgen machten. Wir gingen sie suchen und sie kamen uns freudestrahlend mit einem Sack Heu entgegen.
Die Kinder liefen einige Runden mit den Eseln durch den Garten, wobei Sasi am meisten beansprucht wurde, weil Minielas noch zu jung für die recht großen Kinder war. Julianne, die Gastgeberin war voll auf beschäftigt, brachte mir aber noch eine Schlammbowle, die sehr gut gemacht war und lecker mundete. Erst als es die Dämmerung einsetzte hörten die Kinder so langsam auf, wollten was essen und mussten dann auch in die Betten. Ich konnte mich an ihrem Buffet bedienen, blieb aber zögerlich. Irgendwie war ich in der Runde der Erwachsenen schüchterner. Es sind alles alte Freunde aus Schulzeiten, die sich über Anekdoten und gegenwärtige Themen beschäftigten. In dem Nachbargrundstück war die Hochzeitsfeier und die Dorfmusik hallte laut durch die Nacht. Man hörte, dass auf der anderen Seite gut gefeiert wurde und alle Spaß hatten. Hier war es eine Wiedersehensparty. Und das sie so offen gewesen sind, lag wohl eher daran, dass es Thüringer waren und keine Kleinrössner.
Julianne erzählte mir auch die tragische Geschichte dieses Landes, dass die Menschen so verschlossen hat werden lassen. Es ist Grenzland von Sachsen und Brandenburg und war daher oft umkämpft. Durch die Kriege hatten sich die Menschen vor Fremden immer mehr verschlossen und dies eben auch in der abweisenden eingemäuerten Architektur ihrer Höfe anschaulich wird. Sie wollte hier wieder wegziehen mit ihrem Mann und den zwei Kindern. Ansonsten ist es eine schöne Gegend da. Ich hörte ihnen zu beim erzählen als wir alle im Kreise, um das Lagerfeuer saßen und erfreute mich an ihren interessanten, lehrreichen und witzigen Geschichten. Einer der Leute hatte sogar ein tolles Kraut dabei, was mal durch die Runde ging und mich erfreute. Doch hier in dieser Gruppe wurde ich zunehmens unkommunikativer und müder, da ich eben so schüchtern war und kaum mitreden konnte. So verzog ich mich dann zeitig und selig durch die Kräuter ins Bett und schlief irgendwann ein. Die Hochzeitsgäste wollte nämlich noch gar nicht mit feiern aufhören und riefen dem DJ immer wieder Zugabe zu, der noch ein -, zweimal zugab und dann sich auch der Nachtstille hingab, die sich immer mehr ausbreitete.