Montag, 14. Mai 2007

4. Mai - über Ansprung nach Pobershau

Pferdehof Händel in Pobershau - Schlafplatz im Heu und neues Heu für Eselchen
Bühne der Ore Mountain Ranch
Ore Mountain Ranch in Ansprung
Gelände der Ranch
Helmut der ältere Besitzer war sehr zurückhaltend, aber gastfreundlich
verkaterter Start von der Pulvermühle


Mit einem Katergefühl erwachte ich zeitig am Morgen und stand gegen 7 Uhr auf. Ich ging erstmal kalt duschen, in der Hoffnung, dass mein Kopf leichter und mein Körper munterer werden würde. Es half nur kurzzeitig. Dazu kam die Dehydrierung des Körpers nach dem Alkohol und ich trank einfach viel, um dem entgegen zu wirken. Ute hatte eine riesige Teetasse und guten Kräutertee da, welchen ich mir aufbrühte, und als Frühstück zu mir nahm, denn feste Nahrung wollte mein Körper nicht so recht haben. Oh je, wie sehr man doch am nächsten Tag diesen Alkohol verflucht und sich schwört nie wieder zu trinken. Ist doch jedes mal das Gleiche. Ich glaube auch, dass mein Körper ihn stärker aufgenommen hat, als früher, da er nach Anstrengung stärker wirkt. Nun ja, ich musste halt durch.

Ute und ich unterhielten uns noch ein wenig, über die Männer, Freiheit und so weiter. Ich schnitt ihr die Haare, da ich es ihr am Vorabend versprochen hatte, doch mit Kater ist das gar nicht so einfach. Sie gefiel sich und das ist doch immer die Hauptsache. Ich war froh meine Scheren mit dabei zu haben, um mich revanchieren zu können für herzliche Gastfreundschaft. Die Brötchen, die ich zum Frühstück nicht verzehren konnte, packte sie mir und noch andere Leckereien und dann ging es wieder los.

Die Sonne glühte schon am Himmel, ich schmierte mich mit Schutzcreme ein, sah danach total weiß aus, welches meine Katerblässe noch unterstrich und fühlte mich eher beschissen. Ja, auch dieses Erfahrung muss man mal gemacht haben. Dann weiß man, dass man Abends wenig Alkohol trinkt oder gar nicht, da der Kater doch sehr hinderlich ist zum wandern. Ich wollte aber weiter, da jetzt im Radio eine Regenzeit angekündigt wurde, die auch dringend von der Erde benötigt wurde. Ich hatte noch ca. 50km bis nach Thalheim vor mir und das kommenden Wochenende sollte die Regenzeit beginnen, vielleicht auch erst am Montag. Ich gruselte mich noch davor in den Regen zu kommen und hatte mir fest vorgenommen, vor der großen Regenzeit bei meiner Tante anzukommen.
Ich weiß natürlich auch, dass man nicht davor abhauen kann, er völlig natürlich und wichtig ist für die Natur, gerade jetzt wo es schon über einen Monat nicht mehr geregnet hatte.

Nun, ich lief also verkatert los. Ute erklärte mir noch einen schönen Weg nach Ansprung, so dass wir nicht den gesamten steilen Berg erklimmen mussten, sondern nur bis zur Hälfte und dann ging es über eine kleine Holzbrücke, wo die Esel ohne zu zicken drüber liefen, was mich doch sehr erstaunte. Wir liefen dann immer am Bach flussaufwärts einen schmalen Pfad entlang, wobei den Eseln die Nähe zum Wasser nicht so gut gefiel, sie mir aber ohne großes Gezicke folgten.

Die Frische am Bach tat sehr gut, ich entdeckten auch Brunnenkresse, welche nur an Wassern zu finden ist, die völlig rein sind. Da pausierte ich kurz, denn sie ist sehr wohltuend und kräftigend, ebenso so wie das klare, kühle Wasser, welches mich erfrischte und fließender machte. Brunnenkresse ist sehr stark im Geschmack, scharf und die Alte etwas bitter. Sie stärkte mich tatsächlich und weiter ging es, mal wieder bergauf, wobei Miniela Sasia besser antreiben konnte als ich, indem sie sie von hinten mit ihren Schnauze anstubste. Esel lassen sich wohl von Eseln mehr sagen ;o) Manchmal dachte ich, dass ich mich übergeben müsste, aber es hielt sich in Grenzen.

Als wir den Berg oben waren, lief Sasia wie von allein. Sie wusste wohl, dass wir im nächsten Dorf pausieren würden und lief durch. Ich war fasziniert von ihr, nie konnte ich sie ohne Leine laufen lassen, doch jetzt schon.

Vor dem Dorf, Ansprung, waren Feld und Wiese. Zu meiner rechten sah ich ein Wildgatter und Koppeln. Im Dorf stand ich dann ziemlich dumm rum und wusste nicht so recht wohin mit uns. Ein alter Man schaute aus dem Fenster und beguckte uns. Ich grüßte freundlich so dreimal, er reagierte nicht. Dann fragte ich ihn, ob es hier jemanden gäbe, der Tiere hat und Heu. Das fragte ich ihn bestimmt fünfmal bis er mir antwortete. Er schickte mich zu einer Ranch am Dorfrand, die „Ore Mountain Ranch“. Das Dorf wirkte leer und auch die Ranch. Ich klopfte am Saloon und da war drei Männer, einer davon war der Besitzer, welchen man sofort erkannte. Ein älterer Mann mit weißmelierten Haaren, dicken Koteletten und Schnurrbart, so wie man im wilden Westen die Haare trägt. Er war sehr zurückhaltend, ließ uns aber bei sich rasten, worüber ich sehr glücklich und dankbar war. Seine Zurückhaltende Art tat mir in diesen Moment sehr gut, da ich ganz schön müde und fertig war, vom Kater und 6km fast nur Berg auf laufen. Ich leinte die Esel an, ließ sie grasen und aß selbst etwas. Auch schlief ich noch eine halbe Stunde oder so.

Ich wollte den Chefe der Ranch fragen, ob er die Hufe der Esel etwas nachbessern könnte, da sie mittlerweile so hart geworden sind, durch das laufen, dass ich sie nicht mehr schneiden konnte. Ich fragte ihn auch, aber er hatte keine Zeit und Lust dazu. Er schickte mich nach Pobershau, da gibt es einen Haflingerhof, wo die Besitzer Kutschfahrten machten und so. Ich dachte erst, dass es blöd von mir war, mich einfach so bei ihm auf seinen Grundstück niederzulassen, um zu rasten, da er so zurückhaltend war und auch ein wenig mürrisch. Dennoch bat ich ihn, um eine Wegerklärung und heißes Wasser für einen Cappuccino. Er murrte, aber erklärte mir es dann doch und da kamen wir uns etwas näher. Er öffnete sich ein wenig. Ich war auch sehr neugierig auf sein Tun, denn das Gelände ist sehr schön aus Holz gestaltet, mit großer Bühne, Gasthäuschen, eben einen Saloon, gepflegt und ansehnlich. Er wirkte auf mich wie ein Tom, hieß aber Helmut. Wir rauchten eine und er erklärte mir anhand einer genaueren Wanderkarte von ihm den Weg nach Pobershau. Auch zeichnete er mir ihn auf. Ich war sehr erleichtert, dass es doch noch herzlicher wurde. Er murrte über meine schlechte Wanderkarte und schenkte mir am Ende seine gute Karte, wofür ich ihn sehr dankbar bin. Er schien mir wie ein alter Einsiedler, welcher nach außen hin mürrisch und knurrig ist, aber innen ein großes Herz hat. Er war auch nicht neugierig und stellte mir kaum Fragen. Das war mal was anderes für mich und sogar angenehm. Dann musste er los.

Er gab mir noch eine Schaufel, mit der ich den Eselmist entfernen konnte und dann packte ich erneut. Dabei kam eine ältere Frau, die mitbekommen hatte, dass hier jemand mit zwei Eseln ist. Sie quatschte mich ohne Hemmungen zu. Sie war wohl die Dorfverrückte, würde ich meinen, doch meine ich dass nicht abwertend, denn sie ist sehr Naturverbunden und schien einiges über Kräuter zu wissen. Doch ganz „normal“ war sie auch nicht. Nun, sie wollte weiter vorne auf mich warten und ihr gesammeltes Brot den Eseln schenken. Helmut steckte ich als Dankeschön noch eine der gefundenen Federn von der Lehnmühle ans Tor, dass sie ihm Glück und Schutz bringe.

Die Frau stand tatsächlich mit zwei Tüten getrockneten Brot da und schenkte sie den Eseln, doch wusste ich gar nicht, wohin damit und steckte es in den Wassereimer.
Und weiter ging es, etwas gestärkter, quer über die Kuhweiden, die noch nicht umzäunt waren. Es grüßten mich ein Paar Motorradtourer, welche eben anders reisten. Helmuts Beschreibung konnte ich gut folgen, bis eine bereits eingezäunte Weide kam und ich einen Weg folgte, der auf Dauer in die falsche Richtung führte. So bog ich irgendwann nach links ab, über die Weide und kam bei einem Aussichtspunkt an einem Waldstück heraus. Von da führten zwei Wege ab, nach links und rechts steil runter ins Tal, wo ich hingelangen gesuchte. Ich pausierte kurz, um mich zu besinnen, welcher Weg der richtige für uns sei und wählte den linken. Doch dort kamen wir auf dem normalen Wanderweg nicht durch, da zwei Bäume so eng beieinander standen, dass Sasia mit ihrem dicken Gepäck nicht durch passte. Ich lief drumherum und ging einfach durch den Wald nach unten, was für uns eine Mutprobe darstellte, denn der Hang war ziemlich steil und felsig. Miniela ließ ich los von der Leine und führte nur Sasi, denn eine Verhedderung im Seil hätte tragische Folgen haben können.

Wir schafften es mit etwas Angstschweiß heil auf den Wanderweg zu kommen. Da fiel Minielas Sattel ab und der erste Beutel mit dem Brot riss entzwei, worüber sich die Eselchen sehr freuten und es reinschnurbsten. Ich ließ sie etwas schnurbsen und ging weiter, bis Minielas Sattel wieder abfiel, was mich sehr erfreute. Wieder neu satteln... Zum Glück hatte es lange nicht geregnet, denn wir kamen an einem Feuchtgebiet entlang, wo nur zwei Bretter zum drüber laufen bereit lagen, welche die Esel nicht besteigen wollten und dann kamen wir aus dem Wald raus und ich sah im Tal ein Dorf, doch wusste ich nicht, was dies für ein Dorf ist. Das fand ich heraus, als erneut der Sattel von Miniela fiel und ich schon wieder satteln musste. Da kamen nämlich zwei Mädchen im Jugendlichenalter und stellten mir neugierige Fragen. Ich antwortete und stellte ebenso neugierige Fragen. Ich war in Pobershau raus gekommen, juhu, dachte ich. Sie kannten auch den Haflingerhof Händel. Sie erklärten sich bereit uns ein Stückchen zu begleiten und beschrieben mir den Rest des Weges.

Wir mussten den Berg wieder rauf. Ich dachte schon daran, darauf zu verzichten und einfach unten im Tal zu rasten, aber naja, ich folgte den Mädchen. Ich bemerkte, das Pobershau eine offene und doch recht reiche Kleinstadt ist mit viel Tourismus und Bergbautradition.
Es gab auch Lamas oder Alpagas?, zum wandern und reiten. Die Esel hatten gar keine Lust mehr bergauf zu gehen, auch ich nicht, dennoch trieb ich uns voran, dass wir dann vielleicht Heu und ein trockenes Plätzchen zum schlafen hätten. Es waren dann doch noch mal ca. 2km bis ich endlich beim Pferdehof ankam und direkt wieder auf dem roten EB-Weg. Ein Reiterin wollte uns eigentlich noch überholen, aber das Pferd scheute vor uns und ließ sich nicht dazu bewegen uns zu überholen.

Als wir endlich ankamen, ging ich auf den Hof, die jungen Haflinger waren etwas aufgeregt, aber nicht panisch. Haflinger haben ein gemütlicheres Wesen als die großen Reitpferde, deshalb nennt man sie Kaltblüter, da sie nicht so schnell hitzig werden, wie die Warm – und Vollblüter. Ein paar Männer waren auf dem Hof und arbeiteten. Ich ging auf sie zu, erzählte kurz meine Story und von Helmut und sie hießen mich an zu warten, da die Besitzer nicht anwesend waren. 10 – 15min später kamen sie, Frau und Herr Händel. Noch einmal erzählte ich meine Story und dem Tipp von Helmut und so hießen sie uns für diese eine Nacht willkommen. Ich konnte die Esel auf eine Weide bringen, wo sie sich etwas austoben und wälzen konnten. Dann kam ein kurzer, aber heftiger Regenschauer. Beide waren noch sehr beschäftigt.

Frau Händel war etwas redseliger und Herr Händel, wie Helmut ruhiger und introvertierter. Das irritiert mich meist, weil ich glaube, es ist doch nicht ok bei ihnen zu sein und einfach zu fragen, ob wir hier nächtigen könnten. Ich war mir selbst überlassen und bemerkte das die Jungs einen improvisierten Stall bauten für die Eselchen. Also drei Holzstangen zurecht schnitten, als Absperrung. Das überraschte mich positiv und gab mir mehr Sicherheit. Dadurch, dass ich fertig war von diesem Reisetag mit Kater und dem vielen, steilen Berg auf und ab, war ich selbst nicht mehr so redselig und eher in mich zurückgezogen.

Es kamen dann die Frauen von den Männern und es wurde gegrillt. Ich hörte von einer, dass es hier im Dorf auch Esel gäbe und ich entschloss mich mal gucken zu gehen, allerdings ohne meine Tiere. Selbst Sultan hatte keine Lust mehr zum laufen und blieb auf dem Hof. Ich fand den Hof, nach einigen Fragen, klingelte bei ihnen an und dachte im selben Moment: „Was mache ich hier eigentlich? Einfach so bei wildfremden Menschen klingeln, nur weil sie Esel haben? Was sollen sie von mir denken?“ Nun, es öffnete mir eine ältere Frau. Ich erzählte ihr die Geschichte, sie glaubte mir kein Wort und wollte auch nicht, dass ich ihre Esel anschaue. Dabei war ich nur neugierig auf die Besitzer und ihre Esel. Wie sie drauf sind und so. Naja, ich spürte ihre Angst verarscht zu werden. Und ich merkte erstmal, wie ich ohne Esel und Gepäck auf die Leute wirke. Kein Vertrauen in Fremde, obwohl ich eine kleine Frau bin und man vor mir nun wirklich keine Angst haben braucht. Das machte mir selbst ein wenig Angst und bange, ich war sehr dankbar, dass mich die Eselchen begleiteten, und ich mich nicht dazu entschieden hatte ganz allein zu reisen.

Ich ging grübelnd zurück zum Hof, berichtete mein Erlebnis und kam mir blöd vor, meine Gastgeber nicht zu würdigen, indem ich bei anderen anklopfte. Beim Essen gab es etwas Gespräch, doch war ich eher müde, nicht so redselig und selbstsicher, wie sonst. Sie beschrieben mir noch einen kurzen Weg nach Marienberg, erzählten mir, dass es auch dort Esel gäbe und ich ja dort meine Esel schwängern lassen konnte, da es da einen Hengst gab. Ich war wieder neugierig und dachte nicht wirklich nach.

Aber an Matze dachte ich, ein Kumpel mit dem ich in zwei Klassen gesessen hatte. Einmal in der Ausbildung zur Gestaltungsassistentin und danach beim Fachabitur für Gestaltung. Ich rief ihn an und er war sogar zu Hause und hatte Zeit sich mit mir am nächsten Tag zu treffen. Ich freute mich schon sehr darauf, da wir uns schon lange nicht mehr gesehen haben und er eine vertrauter Mensch ist. Dann brachte ich die Esel in ihren Stall, ich lag daneben, wo ich aus Heuballen mir ein Bett machte und ging zeitig ins Bett. Es regnete nicht mehr und klarte sogar wieder auf, wofür ich mich sehr bei Perchta bedankte. Ich betete bei ihr auch immer, um Regenfreiheit bis Thalheim, was sie anscheinend gestattete.

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