In der Morgendämmerung weckte mich das bellen eines Rehbocks, was mich nun nicht mehr so erschreckte wie zum Beginn der Reise. Ich schlief nochmals ein und stand dann so gegen 7 Uhr auf. Der Himmel und die Luft waren angenehm warm. Frau Schreiber, die großartige Spenderin, kam mit einem Kaffee mit lecker Milchschaum und einem belegten Brötchen zu mir, was ich total süß und aufmerksam fand. Danke. Sie bat mich gleich nach dem Essen zu ihr zu kommen, damit wir den Wagen bauen können, da sie bald los musste zur Hundeschule. Das tolle Angebot schlug ich nicht aus, beeilte mich und zog mit Sasi rüber zu ihr ins Grundstück, was die Esel allerdings zum „iihhaahhen“ animierte, da sie getrennt waren. Peter hatte mir ja erklärt wie wir bauen können und so bauten und schraubten wir in Windeseile einen Wagen aus allen möglichen zeug zusammen mit dem was sie zur Verfügung hatte. Da ich kein richtiges Sielengeschirr hatte bauten wir eines aus Holz und Leinen. Das Holz umspannten wir mit Schaumgummi, damit das Holz nicht an Sasi's Brust reibt. Und schon war der Wagen fertig. Ich bedankte mich von ganzen Herzen bei ihr, war einfach hin und weg, von ihrer Tatkraft und Engagement. Riesige Freude erfüllte mein Herz.
Ich lief zurück zum Lager und begann das übliche Ritual des Packens, nur das diesmal der Wagen mit bepackt wurde. Frau Schreiber hielt mit ihrem Wagen nochmal kurz bei mir, um mir eine Schale mit frischen Erdbeeren zu schenken. Ach, ich war einfach überwältigt von ihr. Dann lief ich ganze 150m weiter, um noch einen kurzen Abstecher beim Steinbruch zu machen, da ich mich waschen und erfrischen wollte. Der Weg dahin war abgesperrt, dennoch gelang es mir mit Sack und Pack hindurch zu gelangen.
Als ich unten ankam war ich völlig überrascht von der Schönheit des Ortes, der so still, bescheiden und doch so erhaben vor mir lag. Ein kreisförmig ausgehöhlter Steinbruch, mit klarem, türkisfarbenen Wasser, welcher zur Mitte des Wassers immer blauer wurde. Dieser Platz wirkte sogleich klärend, erfrischend und reinigend. Mitten im See war eine Frau, ein Kind und ein knallrotes Gummiboot, die herzlich herum alberten. Nur ihre albernen, fröhlichen Stimmen hallten über das Wasser und die Steinwände und zerbrachen somit die Stille, aber keinesfalls die überwältigende Kraft des Ortes. Das Gefühl darin zu baden, zu gleiten im Kreis der Alten, der Steinahnen wirkte auf mich so zauberhaft und belebend, dass ich mich entschied den Tag hier zu verbringen, damit wir alle uns auftanken könnten. Ich erkannte Gesichter in den Steinen und fühlte die gute Energie und deren Geister hier, einfach faszinierend.
Als die zwei aus dem Wasser kamen begrüßten wir uns freundlich und ich fragte sie, ob man denn den Tag und eine Nacht hier verbringen könnte. Sie sagte mir, dass dieser Platz recht einsam wäre und es keine Probleme geben würde. So ließ ich alles entspannt fallen, baute ein Lager auf, im Schatten, denn es ist sehr warm geworden, was mich nur bestärkte einen Tag an solch einem wundervollen Ort zu verbringen. In der sonne hielt man es nicht lange aus. Ich ging schwimmen, entspannte mich, ging wieder schwimmen, um mich danach wieder entspannt hinzulegen oder zu setzen und zu schreiben. Dabei genoss ich die frischen Erdbeeren, die mir Fr. Schreiber mitgebracht hatte. Sultan erging es ähnlich, er wechselte seinen Platz hin und wider mal in sonne und Schatten und ging immer mal ins Wasser, um sich zu erfrischen. Die Esel band ich ab und sperrte den Platz provisorisch ab, damit die Esel nicht abhauen. Sie entspannten ebenso wie alle hier. Sie wechselten auch zwischen Sonne und Schatten, nur gingen sie nicht ins Wasser, sondern nahmen herrliche Staubbäder.
Hier gab es einen alten Lagerfeuerplatz oder so, jedenfalls war ein Stück des Platzes unbegrünt und staubig. Jedesmal wenn Sasi sich wälzte, lag eine dicke Staubwolke in der Luft und sie schniefte dann, dass es aussah als wäre sie ein Drache, da der Staub aus ihren Nüstern stob, als wäre es Qualm und zusätzlich klang sie auch so. Ich erfreute mich an der Gelassenheit aller meiner Reisebegleiter.
Der Platz füllte sich zunehmender, viele kamen, sprangen ins kühle Nass und gingen dann wieder. Einige blieben auch und genossen, wie wir alle, den wunderbaren Platz und dessen erfrischende Wirkung. Da ich den Platz abgesperrt hatte, trauten sich einige nicht über die Leine hinweg, so kam ich doch immer ins Gespräch mit den Leuten. Die meisten waren sehr freundlich und störten sich nicht an uns und an der gespannten Leine. Alle mussten zu Anfang des Platzes über die Kette steigen, da machte die weitere Leine auch nicht so viel Umstände.
Einmal war es mir doch unangenehm, als Sasi sich im Staub wälzte, da sie den gesamten Platz unter Staubnebel setzte und wenn man gerade frisch aus dem Wasser kam, war dass nicht so tolle. Sie wälzte sich bestimmt zehn mal an diesem Tag in der Kuhle. So kam ich doch nicht so sehr zum All-ein-sein, da viele Leute sich über uns wunderten und Fragen stellten. Doch immer liebenswert. Zwei Menschen spendeten mir je 5€ und die gute Frau Schreiber kam auch nochmal rum, um zu schauen, ob es uns gut geht und gab mir noch ein paar Lebensmittel und sage und schreibe 20€ zu spenden. Da war ich recht platt, über die vielen Spenden, die ich an einem Tag erhalten habe. Dank an Alle!
Später kamen eine kleine kleine Gruppe Taucher. Die Männer gingen tauchen, da dies offiziell ein Tauchsee und kein Badesee war. Mit den Frauen kam ich ins Gespräch. Sie erzählten mir, dass sie in der Nähe von Torgau wohnten und ich erzählte ihnen, dass ich auch dort durch käme. Sie boten mir an bei ihnen vorbei zu kommen und wollten sich bei einem Bekannten in der Dahlener Heide erkundigen, ob er ein Schlafplätzchen für uns hätte, da ich auch durch diese wollte und musste, um nach Torgau zu kommen. Wir unterhielten uns noch über dies und das, tauschten Adressen und Telefonnummern aus und zum Ende schenkten sie mir ihre leckeren Erbsenschoten. Ein älterer Herr kam zweimal zum schwimmen, welcher mir als einziger Mann an diesen Tage ein unangenehmes Gefühl brachte, da er so lüstern schaute. Irgendwann sprach er mich an und jammerte ein wenig über seine Krankheit, denn dieser war in der hier ansässigen Kurklinik zur Heilung gewesen und musste glücklicherweise pünktlich da sein, sonst bekommt er kein Abendessen mehr. Zum Abend hin lichtete sich die Menge der Schwimmer, doch kamen immer wieder welche. Zum Beispiel ein paar Jugendliche, die sich aber wahrscheinlich von mir gestört fühlten und so nicht in Ruhe kiffen konnten. Sie hatte ihre Glaspfeife nicht richtig versteckt. Als letztes kam ein Liebespaar, was sich nicht von mir gestört fühlte und ich mich auch nicht von ihnen, außer dass mich ein wenig Wehmut ergriff, als ich die jungen Liebenden so sah.
Der Abend und die Dämmerung waren ebenso zauberhaft wie der Tag, überall flogen schnell und still Fledermäuse über das Wasser und über das Land zahlreiche schwebende Glühwürmchen. Ein wahrhaft romantischer Abend.
Als ich mich zum schlafen hinlegte kam ein Mann mit einem Hund, welcher sich von dem improvisierten Zaun abhalten ließ. Diesmal stand ich nicht nochmal auf, um den Umstand zu erklären und blieb liegen, was sich kurze Zeit später als Fehler erwies.
Der verliebte junge Mann kam später zu mir, um mir mitzuteilen, dass der Herr mit dem Hund enttäuscht und sauer war und jetzt den Besitzer des Steinbruchs anrufe. Na toll, das fehlte mir jetzt noch am Anfang der Nacht und nur weil ich einmal zu faul war Erklärungen zu geben. Ich stand auf, zog mich an und guckte, ob ich diesen Herren noch antreffen würde. Nix da und so legte ich mich wider hin und betete, dass er erst morgens kommen würde. Nix da, er kam, als ich wieder lag, kam er wieder. Ich stand auf, um zu ihm zu gehen. Beide Seiten waren total angespannt, ebenso unsere Hunde. Der Mann schiss mich gleich richtig an, was ich hier soll, dass ist ein Privatplatz und das ich sofort verschwinden solle. Er rufe sonst die Polizei. Oh je, es war schon kurz nach 23 Uhr. Wo sollte ich jetzt mitten im Dunklen hin und mein Lager zusammenpacken? Ich war sehr unsicher und er sehr streng und autoritär, ebenso seine Frau, dennoch blieb ich freundlich und versuchte ihm ruhig die Situation zu erklären, dass ich eben mit Eseln unterwegs sei und den Platz gefunden hätte und mir keiner der Leute sagte, dass ich nicht hier bleiben könne. Ich bat ihn, den Besitzer anzurufen, damit ich mich persönlich bei ihm der Unannehmlichkeiten entschuldigen kann und ihn bitten kann dies eine Nacht zu bleiben. Er gewährte mir dies, was mein Glück war.
Der Besitzer war nicht so aufgebracht wie der Herr, aber auch ein wenig sauer, dennoch nahm er meine Entschuldigung an, nachdem er hörte, dass ich mit zwei Eseln auf der Wanderschaft sei und ließ mich die Nacht hier bleiben. Natürlich sollte ich den Platz sauber hinterlassen, das ist für mich selbstverständlich solch schöne und auch alle Plätze sauber zu hinterlassen.
Auf einmal wendete sich das Blatt und der aufgebrachte Herr und seine Frau wurden super-freundlich, die Spannung fiel von beiden Seiten ab und sie fragten mich aus, wegen der Wanderschaft und den Eseln. Ich war völlig verblüfft über diese Umkehrung der Energien, der blanke Gegensatz zeigte sich nun, was mich sehr sehr erleichterte und mich wissen ließ, dass man mit Höflichkeit und Ruhe einiges erreichen kann. Ich war sehr dankbar, dass ich nicht mitten in der Nacht des Platzes verwiesen wurde. Der Herr, seine Frau und der Besitzer wollten in der Frühe am nächsten Morgen vorbeikommen...
Das verliebte Pärchen blieb noch eine Weile, was mich beruhigte und ich bemerkte auch nicht mehr ihren Weggang, da ich friedlich einschlief.
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