Mittwoch, 11. Juni 2008

20. Juni 2007: Hundeplatz – Nepperwitz – Deuben – Wurzen – Roitzsch













Da ich wusste, dass Uwe gegen 8 Uhr da sein wird, wollte ich alles fertig haben bevor er kam. Ich schaffte es nicht ganz, da ich erst kurz nach 7 Uhr aufstand. Ich beeilte mich den Platz vom Eselmist zu säubern, Kaffee zu kochen, aufzuräumen und alles soweit zu packen, dass es losgehen konnte. Er kam pünktlich, war zufrieden, das alles ok ist. Ich glaube etwas Angst hatte er schon, dass ich irgendwelchen Blödsinn mache oder ihm etwas klaue. So was tue ich nicht, schon gar nicht, wenn mir Vertrauen entgegen gebracht wird. Ich habe auch gar keinen Grund dafür.

Er hatte mir zwei Schnittchen zum Frühstück mitgebracht und war auch schon voll im Arbeitsstress. Ich aß die Schnittchen, trank einen Kaffee, wusch mich und los gings mit Esel klar machen. Ich bedankte mich bei ihm und schenkte ihm auch noch eine Karte von mir, die meine Tante mir so schön vorbereitet und zukommen lassen hatte.

Wir mussten zuerst wieder ein Stück an der Bundesstraße zurück und dann nahm ich den Feldweg nach Nepperwitz. Dort wuchsen wilde Formtabellen und Pflaumen. Die Mirabellen waren schon essbar und lecker. Unterwegs traf ich zwei Arbeiter, die den Weg plan machten für die Landwirtschaft. Dort musste ich Sasi's Sattel mal wider neu richten und kam so mit den Männern ins Gespräch. Es war ein angenehmes Gespräch, sie erklärten mir auch den Weg zum Hufschmied. In Nepperwitz stand ein recht alter und großer Kirschbaum voll mit süßen roten Kirschen. Da konnte ich nicht dran vorbei. So hielt ich an und naschte ein wenig von ihnen. Sie waren erfrischend süß und saftig. Köstlich. Ein altes Ehepaar trat an mich heran, die gleich gegenüber wohnten. Sie waren sehr liebenswert und wir schwatzten kurz während ich pflückte und naschte. Die gute Frau brachte für Sultan etwas Küchenreste und mir eine Nudelsuppe, was ich total süß fand. Doch da ich von den Früchten so satt war, konnte ich sie nicht essen. Sie packte sie mir einfach ein und gab sie mir trotzdem mit. Toll, einfach so.

Weiter durchs Dorf, vorbei an einem Pferdehof, die früher auch mal Esel hatten, wie mir berichtet wurde. Da ich gerne zum Hufschmied wollte musste ich wieder zurück nach Deuben, was gleich nach Altenbach kommt. Kurz vor Deuben gab es einen weiteren Pferdehof, welcher nicht sehr gepflegt wirkte. Aber ich sah einen kleinen Wagen. Ein wenig war ich immer noch am Wagen interessiert, weil es wirklich anstrengend ist in drückender Hitze voll bepackt zu laufen und vor allem nicht nur für mich, sondern auch für die Eselchen. Auf dem Grundstück war niemand anzutreffen, so lief ich weiter durchs Dorf. Sah da einen Hofladen mit Getränken und Eis und wollte mir gern was kühles genießen, aber der Besitzer jagte uns vom Hof, so dass ich nichts kaufen konnte. Ich war entsetzt über seine Reaktion, zumal ich ihn überhaupt nicht provoziert habe oder ihm irgendeinen Grund gegeben habe uns nicht zu bedienen. Es war wohl einfach unser Zigeunerhaftes Bild was ihm Angst und Schrecken einjagte und ihn so reagieren ließ.

Der Hufschmied lag direkt an der großen Hauptverkehrsstraße nach Wurzen, aber es gab eine Fußgängerampel, die ich nahm. Dann stand ich vor der Schmiede und fragte, ob es möglich wäre die Eselhufe zu beschneiden. Der Chefe war noch zum Mittag hieß es und komme so in 15 bis 20min. Ok, ich lud ab und stand da nun an der großen Straße und traf den Mann den ich schon auf dem Weg nach Altenbach begegnet bin. Und wie immer kam der Spruch: „Du bist aber noch weit gekommen!“ Ein kleiner Small Talk und irgendwie erschien er mir immer noch schleimig. Na ja, er fuhr dann von dannen. Ich rauchte eine derweil und naschte noch etwas von den gepflückten Kirschen. Dann kam auch schon der Chefe. Ein freundlicher Mann im mittleren Alter mit gediegener, gütig und freudiger Ausstrahlung. Er holte uns gleich rein und nun ging es los mit Hufpflege. Sasis Hufe sahen am schlimmsten aus, da sie zuvor einfach zu wenig Pflege hatten und zu weich waren und somit der Schotter ihnen zusetzte. Er begradigte und erklärte mir dazu einiges. Er lobte die Eselchen, dass sie so gut und ruhig standen. Esel sind wohl nicht immer einfach zu machen, wie ich jetzt schon von mehreren Hufschmieden erfahren habe. Aber jeder der dies macht braucht Ruhe und Geduld, um die Huftiere zu beschneiden. Jede Art von Hektik übernehmen sie und da ist dann wenig zu machen, da man Kräftemäßig den Tieren einfach unterlegen ist. Er machte es wunderbar, all zu viel zu schneiden gab es ja nicht, da sie ja jeden Tag laufen. Er schenkte mir noch eine seiner alten Huffeilen, da sie doch wichtiger als das Messer ist. Oder einfach ebenso wichtig! Und außerdem noch drei Hufnägel, da sie gut sind, um kleine Steinchen raus zu holen.

Er hatte auch schon von mir und den Eseln gehört, da seine Tochter an dem Abend auf dem Platz neben der Lagerweide am Pferdehof mit ihren Pferd übte. Schöner Zufall. Wir unterhielten uns sehr anregend und einer seiner Leute erzählte mir, dass kürzlich am Kap Finisterré war und dies wahrhaft ein zauberhafter Ort sei. Das Kap Finisterré war/Ist mein Ziel zu dem ich gelangen wollte. Es liegt an der Atlantikküste im Spanischen Nordwesten.

Es herrschte ein gutes Arbeitsklima in seinem Hause, ohne Hektik, aber Bestimmtheit und Arbeitsfluss. Ein wohltuendes Erlebnis diese Schmiede kennen zu lernen, einfach zu empfehlen. Zu guter Letzt wollte er es nicht bezahlt haben und schenkte mir seine Arbeit und Zeit, die er dafür aufgebracht hatte. Das erfreute mich wirklich sehr, denn ich wollte es für die Esel tun, aber wusste auch dass es nicht zu teuer werden dürfte. Das es gar nichts kosten würde, hätte ich nicht gedacht. Vielen Dank nochmal, falls sie es lesen. Ich glaube, ich schenkte ihm auch eine Karte von mir und dann verabschiedeten wir uns herzlich mit den besten Wünschen. Hinter dem Haus war eine kleine Wiese, dort ließ ich die Esel kurzweilig grasen. Von der Schmiede hatte ich Wasser für die Tiere bekommen.

Neben der Hufschmiede ist ein Gasthof in dem gerade zwei Busladungen Leute waren. Es war so was wie geschlossene Veranstaltung. Ich vermutete eine Kaffeefahrt. Da es so heiß war, die Esel fressen sollten über den Mittag, gedachte ich mir ein Radler zu gönnen. Und so tat ich. Draußen konnte ich sitzen und es trinken. Dazu rauchte ich eine und wollte schreiben, doch in diesem Augenblick war Pause im Vortrag der Kaffeefahrt und eine Menge alter Leute kam heraus gestürzt, um zu plaudern und sich zu empören. Ein paar Leute waren nett zu mir, andere nicht. Ich sah in meiner Wanderkleidung auch nicht so schick aus wie sie. Die netten fragten mich wegen der Esel und erzählten mir ihre Enttäuschung über diesen Vortrag und die Kaffeefahrt. Sie wollten den Leuten „Anti Aging - Produkte“ = „Gegen Altern – Produkte“ verkaufen. Cremes die das Altern der Haut teilweise zurückhalten können oder so. Klar frustriert das Leute, die sich eh mit dem Altern auseinander setzen müssen. Und letztendlich weiß doch jeder normale Mensch, dass das Altern mit Cremes nicht aufzuhalten ist. Selbst wenn man sich äußerlich „Jung“ halten kann, so altert die Seele und der Geist trotzdem, was nicht zu „verfühlen“ ist. Das weiß jeder, auch wenn er es nicht wahrhaben will.

Nun ja, einer erzählte mir, dass die Verkäufer sogar richtig unverschämt wurden, da sie ihre Produkte nicht kaufen wollten. Das Geschäft mit der Angst läuft immer am besten, und wenn nicht gibt es noch andere Druckmittel. So fragte ich die Leute wieso sie sich erst auf die Kaffeefahrt eingelassen haben. Sie antworteten mir, dass sie gern einfach mal raus wollten aus der gewohnten Umgebung und billig „Urlaub“ oder „Reisen“ wollten. Da kommt einen das Billig teuer zu stehen, wenn man an die vielen Nerven (Energien)denkt, die man dabei verliert, weil es frustriert, langweilt und aufregt. Dann vielleicht doch einfach mal nur in den Wald oder so und die Seele baumeln lassen. Nun ja, die „alten“ DDR-Bürger lassen sich doch noch zu gerne beeinflussen und nehmen alles kostenlose mit. Eben wie die Werbegeschenke, die auch nicht ganz ihr Geschmack war, aber eben kostenlos und das ist ja was wert. Irgendwie Ironie! Eine Frau schenkte mir ihr Pumpernickelbrot aus dem Werbegeschenk, was ich dankend entgegen nahm. Als ich die Esel sattelte beäugten mich die Leute aus ihrem Reisebus hoch über mir und machten teilweise seltsame Grimassen. Das war mal ein Erlebnis für mich. Sehr aufschlussreich.

Wir mussten nochmals durch Deuben zurück, weil ich über eine alte kleine Brücke die Mulde überqueren wollte. Das Wetter wurde so sehr drückend heiß, dass es schon nach einer halben Stunde anstrengend wurde. Aus dem Dorfe hinaus zur Mulde zu, lag so was wie Kleie oder Gerste am Straßenrand und die Esel beharrten darauf davon zu naschen. Ich gewährte es ihnen kurzweilig, doch ich hielt es in der prallen sonne nicht lange aus. Sultan lag stark hechelnd neben mir. Ich hatte schon die Befürchtung, dass er einen Sonnenstich bekommt. So trieb ich die Esel bald weiter. Es gab ihnen offensichtlich Energie, was positiv war. Sultan ließ ich an der Mulde ins Wasser. Sie erinnerte mich an den Amazonas in Miniaturform. Sie hat ordentlich Zug drauf und viele Wirbel, die einen in die Tiefe ziehen. Ich hatte etwas Angst bei Sulle, aber alles ging gut. Er musste trinken und auch sich abkühlen, dass tat ihm auch gut. Ein Mann trat an mich heran, der uns sah und fragte neugierig an. Ich erzählte ihm die Kurzfassung der Reisestory, dass uns das Wetter momentan ganz schön zu schaffen macht und ich glaube, dass ein Wagen besser sei oder eben leichter. Vor einem Jahr hatte er seinen Ponywagen verkauft, sonst hätte er ihn mir wohl überlassen. Dann trennten uns die Wege wieder und wir schlürften auf Wurzen zu.

Die große Keksfabrik sah man schon von weitem an ihren Mauern. Sulle sprang nochmal in einen Teich, ich pflückte für die Esel ein wenig Weizenähren für den Energieschub und dann wusste ich nicht mehr so recht weiter, Links oder Rechts. Ich entschied mich für rechts, da da auf meiner Karte auch Roitzsch lag, was mein Abendziel war. Zwei Mädels in einem Auto hielten an und fragten, ob sie mir helfen können. Ja, ich fragte nach dem Weg nach Roitzsch, den kannten sie leider nicht, weil sie nicht von hier waren. Fröhliche und beherzte Mädels waren es. Sie fanden es cool, was wir hier machen und spendeten mir einen leckeren Apfel, Trinken, 2 € und Mentos Freshmaker. Dann weiter. Ich war mir sehr unsicher, ob ich auf dem richtigen Weg war und so fragte ich einen Mann, der soeben auf jener Allee mit seinem jungen Hund spazieren ging. Allee, endlich Schatten. Er erklärte mir einen Spitzenweg durch die Stadt nach Roitzsch. Ich bin zur richtigen Seite rein gekommen, denn ich musste fast nur geradeaus laufen mit einmal abbiegen. Herrlich, besser kann es mir in einer fremden Stadt gar nicht gehen. Und es ging mitten durchs Zentrum von Wurzen. Süße kleine Stadt, wo gerade kräftig am Straßennetz gebaut wurde. An einen Imbiss auf der gegenüberliegenden Straßenseite standen ein paar Junge Leute, tranken Bier und schwatzten. Als sie uns sahen riefen sie irgendetwas zu, ich dachte es ist etwas freundliches, winkte zurück und fragte. „Was?“ Plötzlich wurde ich richtig fett angepöbelt, so sagte ich gar nichts mehr, schaute weg, so wie man das bei angriffslustigen Hunden macht, und ging ruhig weiter. Niemand kam mir hinterher.

Der Weg nach Roitzsch zog sich länger als ich dachte. Ich erwarb mir unterwegs noch eine kühle Limo und so kamen wir alle sichtlich erschöpft und ein Lager suchend in Roitzsch an. Ich sah eine Weidefläche, wo paar Schafe drauf grasten und zwei Bauern Heu einfuhren. Ich winkte ihnen zu, weil ich dachte, dass wir vielleicht da übernachten könnten. Sie winkten zurück, aber kamen nicht. Ich entschloss mich zu warten bis sie mit ihrer Arbeit fertig sind, um sie dann zu fragen. Der weilen sprach mich eine Frau an, ob wir nicht ein wenig Wasser bräuchten. Das fand ich toll. Als die Männer mit ihrer Arbeit fertig waren kam ich gar nicht zum Fragen, da sie einfach weg fuhren. Die gute Frau erklärte mir den Weg zum Hof der Bauern. Da stand ich, die erste Hoffnung weg, aber nichts desto trotz ging ich weiter den beschriebenen Weg und sah ein Wiese, die ich für gut befand. Leider wusste niemand wem die Wiese gehört. Also liefen wir weiter. Kurz vorm Dorfkern hielten mich Bauern an, die mir Wasser für die Tiere anboten und neugierige Fragen stellten. Doch da ich wirklich müde und erschöpft war, das Gepäck überall drückte, wollte ich weiter und sagte dankend und freundlich ab. Ich war mir sicher, dass es den Eseln ähnlich erging. Ich hielt an einem Hof der die Nr. 13 trug und ich war mir sicher, dass es der von mir gesuchte Hof war. Doch dem war nicht so.

Die Leute waren etwas argwöhnisch, dennoch freundlich. Sie meinten, dass sie ein Stück weiter weg eine Wiese hätten, wo wir nächtigen könnten. Das erleichterte mich ungemein. Ich bat sie um Heu und Wasser für die Tiere. Der Alte Mann begleitete mich zu jenem Ort und ich sah, dass es die Wiese war, die ich zuvor bei den Einwohnern schon mal erfragt hatte. Seit dem nächtlichen Vorfall am Steinbruch frage ich lieber die Besitzer, das vermeidet Stress. Oh, war ich froh das Gepäck ablegen zu können und die Esel auch. Gewitter zog auf, so hatte ich keine Zeit zu verlieren, um das Lager aufzubauen. Die Besitzer kamen nochmal, um mir zwei Knister Wasser und einen Sack Heu zu bringen, außerdem legten sie noch eine frische Gurke und eine kühle Limo drauf. Wie dankbar ich war. Die Esel auch. Alle hatten Durst und Hunger.

Als ich fertig war mit Lageraufbau, war das Gewitter schon vorüber gezogen und der Himmel klarte auf. Nur im Norden sah man noch so einige Blitze und hörte das Grollen der himmlischen Gewalten. Ich genoss das Schauspiel und ging zu Bett. Leider hatte ich die Angst seit der Schreckensnacht noch immer nicht überwunden, dass Gefühl an diesem Ort war komisch.

Eine Katze saß des Nächtens bei uns und beobachtete uns. Richtig gut schlief ich nicht. Mit der Angst umgehen zu lernen, gerade dann wenn es Nacht wird, ist für mich sehr erstrebenswert und bietet Lernmöglichkeiten an sich selbst zu wachsen und sich bis ins Innerste zu verändern.

Keine Kommentare: