Sonntag, 15. Juni 2008

22. Juni 2007: Roitzsch – Körlitz – Zschorna









Ich war noch etwas durchgeleiert von der Nacht. Ein wenig Schreck saß mir in den Gliedern, obgleich mir diese Stimme nichts angetan hatte, außer mir meinen Schlaf zu stehlen und mir das Gefühl der Sicherheit zu entziehen. So frühstückte ich schnell, packte, putzte, sattelte und zog ab mit erleichtertem Gefühl von diesem Ort zu gehen. Vielleicht wollte mich jemand damit nur einschüchtern und mich „Herumziehende“ verjagen?!

Nun, ich wäre sowieso weiter, was ich dann auch tat. Ich musste zunächst erst einmal Landstraße laufen, kam dabei an einem Erdbeerfeld vorbei, wo ich mit größten Vergnügen stehen blieb um zu naschen. Für die Esel lag Stroh bereit zum naschen. Außer Sultan hatte leider nichts davon. Ich war auf dem Weg nach Falkenhain, traf am Straßenrand auf einige Bauarbeiter, die mich erstaunt und freundlich ansprachen, mit ihren üblichen Witzchen. Sie erzählten mir, dass es in Zschorna Eselfreunde gibt, welche einen Gasthof bewirtschaften. Es war nicht mehr weit, nur eben ein anderer Weg als geplant.

Körlitz war ein sehr kleines Dörfchen, ohne Konsum, denn ich wollte noch vor dem Wochenende einkaufen. Nun, in der Nähe von Zschorna gab es ein größeres Dorf, wo ich hätte dieses tun können, aber dazu kam ich nicht mehr, so wie sich der Tag entwickelte. In Körlitz musste ich Sasi's Sattel erneuern, dabei wurde ich verstohlen von Anwohnern fotografiert und dann ging es auf der wenig befahren Landstraße gen Zschorna. Unterwegs fand ich eine riesige schwarze Feder, diesmal nahm ich sie mit. Eigentlich wollte ich nur Federn von Raubvögeln sammeln, doch selbst die Krähen sind ja Raubvögel.

Kurz vor Zschorna fingen die Esel an zu bocken und wollten unbedingt essen, doch da wir fast da waren, ließ ich mich nicht darauf ein und trieb sie weiter. An der Kreuzung wurde es dann chaotisch, denn ausgerechnet da, als Minielas Sattel rutschte, kam ein Linienbus die Straße hoch. Ich konnte die Esel kaum halten und musste alles einsammeln. Der Busfahrer blieb geduldig und fuhr uns nicht übern Haufen.

Endlich im Dorf, welches zunächst die schicken Häuser zeigte, und dann wurde es erst dörflicher mit Höfen und so. Ich fragte mich durch und musste zum Ende des Dorfes, um die Eselleute zu erreichen. Und dann sah ich sie auch schon. Ihre langen Ohren und die dazugehörigen grauen schlanken Körper, die aufgeregt im Gatter auf und ab liefen, als sie die Eselchen witterten.

Jetzt standen wir vor dem Gasthaus „Zum Heiteren Blick“, was doch sehr einladend und fröhlich klang. Leider war geschlossen, doch ich scheute mich davor zu klingeln. Meine Hoffnung auf einen Wagen war zu groß. Eine ältere, rundliche und freundlich drein blickende Frau öffnete mir. Ich erklärte ihr kurz mein Anliegen und meine Story, sie schaute etwas skeptisch und holte erstmal ihren Mann herbei. Als sie dann beide heraus kamen und die Esel sahen, wich ihre Skepsis und wandelte sich in Freude. Wir fragten und erzählten. Ich sollte erstmal abladen, dann nehmen wir die Esel nach hinten und sie bekommen Futter und Wasser. Sulle bekam auch ein wenig und selbst mir brachten sie ein wunderbares Bauernfrühstück und eine Limo. Ach, dass war wirklich schön und erleichternd. Wir redeten ein wenig miteinander, beide sind geschäftige Leute.

Das Essen tat sehr gut und gab Kraft, dennoch war ich noch müde von der Nacht. Dann kam ein Mädchen, so 13 Jahre ungefähr, Ruby heißt sie. Sie und Herr Rudolf wollten am nächsten Tag eine Kutschtour machen mit ihrem Pferd Mandy und den Eseln der Familie Rudolf. Dazu musste noch einiges vorbereitet werden. Sie freute sich über uns und ich über sie. Ich mehrte langsam rum, sie ritt derweil auf den Esel und dem einzigen Pony und die Rudolfs lachten und erfreuten sich herzlich daran. Der „Heitere Blick“ passt sehr gut und ist nicht vorgemacht. Auch ich erfreute mich an ihrer allen Freude.

Ruby wollte mich durchs Dorf führen zum Konsum und überredete mich noch fix bei ihr zu Hause vorbei zu gehen, da ihre Mutter sich sicher sehr über unseren Besuch freuen würde. Und das tat sie auch. Ich war überrascht über ihre jugendliche Art und einfache Höflichkeit. Sie lud mich zum Kaffee und Zigarette ein. Ich konnte kaum widersprechen, zumal sie beide mir auch sehr sympathisch waren. Der Dorfladen würde allerdings gleich zu machen. Nun ja, was soll's.

Sie hatte so einige Vöglein und Kleingetier, einen Hund, Katzen und Ruby's Pferd Mandy. Mandy freute sich allerdings ganz und gar nicht über den Eselbesuch und wurde leicht panisch, wie ich es schon öfters bei Pferden feststellen musste. Später erfuhr ich, dass es nicht die Esel waren, sondern das Gepäck, was sie so unförmig und gespenstisch in Pferdeaugen aussehen lässt. Da ergreift nun mal das Pferd, rein nach natürlichen Instinkt die Flucht.

Mandy riß leider ein paar junge Pflanzen aus ihren Töpfen, die Claudia (Ruby's Mutter) verkaufen wollte. Während des Kaffeetrinkens wurde das Gespräch immer interessanter und länger, so fragte ich sie, ob ich nicht eine Nacht bei ihnen bleiben könnte. Claudia ist selbst mal mit ihrem ehemaligen Mann und einem Esel herumgezogen und lebte dann für lange Zeit im Wald mit ihren zwei Töchtern. Da ratterte natürlich in mir die Vorstellungskraft und Fragen. Auch sie stellte mir einige Fragen. Wir waren uns alle einfach sympathisch. Sie stimmte mir wohlwollend zu, wenn wir die Esel woanders unterbringen konnten, denn mit Mandy ging das einfach nicht klar. So gingen Ruby, Mandy und ich nochmals zur Familie Rudolf und erbaten um eine Nacht für die Esel. Herr Rudolf stimmte zu und ich war sehr dankbar. Er schenkte mir, was ich noch nicht erwähnt habe, ein Sielengeschirr, ohne Wagen. Doch hatte ich jetzt immerhin schon das passende Geschirr dazu, welches Sasi gut passte.

Jetzt versuchten Herr Rudolf und Ruby in den Pferdewagen zu kriegen, da der Kutschstart an einem anderen Ort stattfinden sollte. Eigentlich sollten Pferd und Esel in einen Wagen, doch Mandy war so verrückt, dass dies nicht ging und zu gefährlich für die Eselchen war, die schon ruhig in den Wagen gingen. Mandy musste dies noch lernen. Sie bekamen Mandy doch immerhin in den Wagen. Dann brachten wir Mandy zurück und ich brachte die Esel zu Rudolfs. In der Zwischenzeit war Claudia im Nachbardorf einkaufen und hatte mir so einiges mitgebracht. Vor allem den von mir geliebten Schokoaufstrich. Ich half Ruby noch mit beim ausmisten des Pferdestalls und dann fing es auch schon an mit regnen. Alles zur rechten Zeit in Trockenheit gebracht, dass war mal wieder ein Zufall. Drinnen kochten Ruby und ich Abendbrot, während Claudia meine Wäsche in die Maschine steckte. Es gab Spagetti mit Wurst und Ketschup. Da ich noch den Wein aus Waldsteinberg hatte stellte ich diesen mit auf den Tisch, da ich den Zeitpunkt und die Gesellschaft dazu sehr passend fand. Oder anders herum ausgedrückt, der Wein passte zur momentanen Situation.

Als Ruby im Bett lag führten Claudia und ich lange Gespräche, ich erzählte ihr auch meine Ängste, Hoffnungen und Wünsche. Sie mir einige der ihren. Sie gab mir Mut und Kraft, schleuderte mir ehrliche Worte entgegen, die mich zwar trafen, aber genau das Richtige waren in meiner derzeitigen Gefühlsverfassung. Und dafür bin ich ihr sehr dankbar. Sie verstand mich vor allem auch sehr gut, da sie schon ähnliche Erfahrungen gesammelt hatte. Es war ein sehr guter Austausch der Energien, Freude, Trauer, Ängste, Überlebenswille und Lust. Zu guter Letzt ließ sie mir noch eine Badewanne ein, weil sie wusste, wie sehr man diese genießt, wenn man lange allein draußen unterwegs ist. Ich lag in dem warmen Wasser, trank Wein, wusch mich gründlich, redete weiter mit ihr und nach Mitternacht gingen wir ins Bett. Sie gab mir ein Zimmer mit eigenem Bett, oh war das herrlich. Ohne Ängste schlief ich bequem und kuschelig ein.

Keine Kommentare: