Es war eine angenehme Nacht und ich erwachte recht zeitig, blieb allerdings noch bis nach 8 Uhr liegen. Dann raus in die nicht zu heiße sonne, mich regen, strecken und durchschütteln, das lockert die Glieder und den Geist. Frühstück für die Tiere und dann für mich bei Inah und Wolfram. Ich genoss die Ruhe und Heiterkeit die sie ausstrahlten, ebenso das leckere Frühstück. Herrlicher Sonntagmorgen.
Die Sonne und die leichte Brise trockneten die letzte Feuchtigkeit aus meinen Sachen. Doch dann war es soweit wieder einmal zu packen. Ich hätte auch noch einen Tag bleiben können, doch mich zog es weiter. Als ich alles gepackt hatte, die Esel geputzt und sie gerade beladen wollte wälzten sie sich wieder im Sand und zeigten mir, dass sie gerade gar keine Lust hatten weiter zu gehen. Doch ich kannte kein Erbarmen. Ich wollte nicht hetzen und hatte auch nicht das Bedürfnis heut ewig weit zu gehen, doch das Bedürfnis zum Vorwärts bewegen war in mir vorhanden. Nachdem alle bepackt waren ging ich nochmals zu Inah und Wolfram, um mich zu verabschieden. Die Esel bekamen noch etwas Kraftfutter, ich noch kaltes und heißes Wasser und meine trockene wohlriechende frische Wäsche. Sie begleiteten mich noch ein kleines Stück des Weges und spendeten mir zu guter Letzt noch 20 €, was mich platt machte. Zudem gaben sie mir noch eine Adresse von Freunden die nahe bei Torgau wohnten und Pferde hatten. Sie würden mich auch eine Nacht aufnehmen. Sehr erfreut und dankbar zog ich heiter weiter mit meinen tierischen Gesellen, durch den Wald der Dahlener Heide, wo schon einige Leute fleißig die ersten Heidelbeeren sammelten. Bis dahin wusste ich nicht, dass sie zweimal im Jahr Früchte tragen. Ende August bis September nochmal.
Im Wald, an einer Kreuzung, traf ich auf einen Mann, mittleren Alters, der mit dem Fahrrad unterwegs war. Er sprach mich an und begleitete mich ein Stück des Weges, was dann so ungefähr 3 km ausmachten. Wir mussten ein Stück an der großen Straße nach Schildau entlang und dann ging es weiter über Wiesen und Felder bis zu einer Anhöhe, wo der Funkturm von Schildau steht. Dort legte ich eine Rast ein, denn die Esel brauchten ruhe und Futter. Der Mann war aus einer Rehaklinik und machte einen Sonntagsausflug. Während wir pausierten fing er plötzlich an mich anzufassen und mich sexuell berühren zu wollen. Das ließ nicht zu und sprang erbost auf. Unglaublich. Er gab mir 20 € als Spende und wollte aber etwas dafür. Die bekam er zurück, ich bin doch keine Hure und schon gar nicht Freiwild. Ich machte meinen Ärger darüber Luft und zeigte ihm meinen Zorn über sein Verhalten, da würde es ihm peinlich, gab mir die 20 € wieder und verschwand. Also echt mal, ekelhafte Männer gibt es! Ich regte mich noch ein wenig auf, rauchte eine und regte mich langsam wieder ab. Ihm war ja zum Glück sein Verhalten doch peinlich.
Ich packte erneut und ging weiter, um ein großes Schützengelände herum und weiter auf asphaltierten Wanderweg. Von Weitem sah ich den See den ich mir als Abendziel vorgenommen hatte zu erreichen. Seen sind immer gut, da gibt es Wasser für die Tiere und für mich zum waschen und erfrischen. Es wurde aber noch ein beschwerlicher Weg, weil man nirgends so recht an den See heran kam. Überall sumpfige und schilfige Ufer. So musste ich nochmal auf eine große Straße und kam dann in Neumühle heraus. Dort erkannte ich, dass es auch hier keinen Zugang zum See gab. Nur einen Campingplatz und dort wollte ich nicht hin. So stand ich recht ratlos auf dem Parkplatz rum und fragte ein altes Ehepaar, ob sie einen Platz am Wasser wüssten. Den gab es tatsächlich nicht. Dann kam eine Frau auf mich zu und fragte mich wegen unserer seltsamen Erscheinung. Ihre Kinder erfreuten sich an den Eseln. Ich fragte auch sie nochmals und sie meinte ebenfalls, dass es nur den Campingplatz gebe, was aber kein Problem ist, da sie den Wärter kenne. Sie rufe ihn sofort an und er würde kommen. Doch sie hatte gerade Party in ihrem Garten und so wollte ich nicht, dass sie das jetzt tut und außerdem wollte ich nicht auf den Campingplatz. Doch zu spät, sie ließ sich in keinster Weise von ihrem Plan abbringen uns zu helfen, was an sich ja sehr ehrenwert ist, aber wenn man nicht will, ist das schon komisch. Unhöflich wollte ich nun auch nicht sein, weil ich auch immer dankbar bin, dass es solche Menschen gibt.
Schnell war Dieter, der Platzwart da, dem es gerade nicht so gut ging, aber sein Amt sehr ernst und fröhlich nahm. Seltsame Mischung, nicht wahr?! Zuvor wurden noch Fotos gemacht, wobei ein paar an die hiesige Zeitung des Ortes gehen sollten und sie auch noch am nächsten eingeladen werden sollte. Das war mir nichts und auch hier wurde mein „Nein“ nicht akzeptiert, was letztendlich nicht so schlimm ist, als wenn irgendein Mann das „Nein“ nicht akzeptiert.
So kamen wir also auf den Campingplatz und ich konnte mir einen Platz aussuchen. Außerdem durfte ich gratis duschen, wie schön. Die Camper waren neugierig und offen über uns und luden mich auch sogleich zu einen Umtrunk und Essen ein, was mich doch ein wenig überraschte, nachdem ich die Erfahrung der mehr spießigen Camper hatte. Selbst Sultan konnte ich frei laufen lassen, was uns beiden eine Wohltat war. Ich wollte erst einmal das Lager herrichten. Ein Steffen wollte mir helfen, doch er war schon gut angetrunken, überhaupt waren die Leute, welche mich einluden, angetrunken. So konnte ich mit seiner Hilfe nicht wirklich zählen. Ich sperrte ein Stück für die Eselchen ab, gab ihnen Futter und Wasser und begann dann mein Zelt aufzubauen. Dummerweise hatte ich an diesen Tag ein Shirt mit dünnen Trägern und großem Ausschnitt an, was wohl bei näheren Betrachten jeden Mann in Phantasien versetzt.
Das war mir eine große Lehre. Bloß niemals zu freizügig angezogen wandern gehen, vor allem nicht allein. Steffen machte mich ohne Scham an und das nervte mich. Nachdem ich fertig war, beschloss ich erstmal duschen zu gehen und mich umzuziehen. Mehr geschlossener. Das tat gut nach dem warmen Tag. Dann ging ich zu ihnen und hatte eigentlich keine rechte Lust mich zu den angetrunkenen Campern zu setzen, die schon seit Nachmittag Bier und Schnaps in ihre Körper füllten. Ich dachte: „Ok, der Höflichkeit halber so 15 min und dann verschwinde ich.“ Sie drückten mir ein Bier in die Hand und einen Spieß mit Bauchspeck, Zwiebel, Paprika und Brot. Es wurde nach sibirischer Art gegrillt. Diese Art war mir neu und gefiel mir sehr gut, weil sie effektiv und Holz sparend ist, wenn man das Feuer wirklich nur zur Lebensmittelzubereitung braucht.
Ich saß am Tisch mit Manfred und seiner Frau Barbara, die beide schätzungsweise Ende 50 sind. Dazu kam Kai, um die 30 und der Steffen, ebenso alt ungefähr. So saß ich mit Vorurteilen behaftet, einen fettig triefenden Spieß und dem Bier an ihren Tisch und antwortete nur auf Fragen. Der Steffen wurde ruhiger und machte mich nicht mehr so unwürdig an. Und dann bemerkten wir irgendwann, dass er einfach still und heimlich sich davon geschlichen hatte, ohne dass es einer von uns gemerkt hatte. Komischer Kauz. Nach meinen anfänglichen Schwierigkeiten in der Gruppe entpuppten sie sich als interessant, humorvoll, locker, offen, gebildet und sogar spirituell.
Die Stimmung am See war hoch romantisch. Die halbe Mondin hing über dem See, umgeben von den leuchtenden Sternen. Dazu quakten die Frösche sehr entspannend an den Ufern des Sees und die Grillen zirpten ihre Lieder dazu. Dann rauchten wir alle ein paar Kräuter zusammen, außer Barbara, sie ist eh schräg genug und es wurde ein solch witziger Abend wie ich ihn schon lange nicht mehr erlebt hatte. Ich lachte so laut und herzlich mit ihnen, wobei Manfred und Barbara abwechselnd Latein und Griechisch redeten. Es war einfach wunderbar, so frei hatte ich mich schon lange nicht gefühlt und schämte mich für meine Vorurteile die ich ihnen Anfangs entgegen brachte. Da hatte ich mal wieder bemerkt, wie man sich von Äußerlichkeiten beeinflussen lassen und täuschen kann. Mit Kai hatte ich einen super Energiedraht, wir brauchten kaum zu reden und verstanden uns. Das war ein irres Gefühl, was so selten ist. Die Situationskomik bekam an diesem Abend wieder viele neue Gesichter und Sprachen, selbst als sich Barbara und Manfred wegen einer Kleinigkeit stritten, hörte es nicht auf.
Als die Mondin spät in der Nacht von Wolken zugedeckt wurde, hatte auch ich das Bedürfnis mich zuzudecken und hinzulegen. Der Höhepunkt des Abends war erreicht. Doch sie wollten mich noch nicht gehen lassen, denn auch meine Anwesenheit hatte es für sie zu einem unvergesslichen und anderen Abend als üblich gemacht. Sie steckten mir noch eine Zigarette in den Mund, welche ich noch rauchen musste und erst dann gestatteten sie mir zu gehen. Ich schlief mit diesem leichten Gefühl durch Freude und Liebe ein.
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